Sollten Sie am 15. Juni die Sendung Maybritt Illner gesehen haben, konnten wir wieder erfahren, dass es im Kampf gegen den Terror in Deutschland offenbar (noch immer) erhebliche Sicherheitslücken gibt. Im Zeitalter der Digitalisierung werden offenbar zwischen den Polizeibehörden der Länder noch Daten und Informationen auf Wegen ausgetauscht, die eher „steinzeitlich“ anmuten.
Innenminister De Maiziere räumte Lücken ein und versprach Besserung. Sie werden sich nun sicher fragen, was dieses ernste Thema mit der Messung von Qualität in Banken zu tun hat.
Erstmal nichts! ABER was Herr De Maizière sehr eindrucksvoll erläutert hat, war, dass Lücken im Sicherheitsapparat künftig durch Standards in den Polizeiorganisationen der Länder geschlossen werden müssen.
Das heißt nicht, den Verlust jeder Individualität anzustreben; doch wenn es um die Kernmethoden, Durchführungswege und Maßnahmenpakete geht, muss die Sicherheitsbehörde in Schleswig-Holstein die gleichen Maßnahmen ergreifen wie die Dienststellen in Nordrhein-Westfalen oder Bayern. Nur so, meint der Minister, ist eine Erhöhung der Sicherheit für uns Deutsche auch in Zukunft gewährleistet.
Im Banking drohen uns – zum Glück – keine Gefahren an Leib oder Leben, aber dennoch ist es in der Vergangenheit immer wieder zu groben Fehlern in der Beratung gekommen, die u.U. für den Verbraucher sehr teuer werden können bzw. seine finanzielle Existenz nachhaltig gefährden konnten.
Um die „Sicherheit“ für den Verbraucher im Bereich der Finanzdienstleistung zu gewährleisten, wurde im Jahr 2013 ein DIN-Ausschuss gegründet. In dieser Runde sind neben den großen Banken große Versicherungskonzerne, Verbraucherschützer und Vertreter der Politik vertreten, um über die Inhalte einer DIN zu befinden, die künftig einen einheitlichen (Mindest-) Standard für die Beratung von Privatkunden definieren bzw. darstellen soll.
Seit 2016 gibt es nun bereits eine Vorstufe zu der finalen DIN-Norm, deren Erscheinen zum Beginn des neuen Jahres erwartet wird, die sogenannte DIN SPEC 77222. Diese gibt schon heute einen „Fahrplan“ für die künftige DIN-Norm vor und regelt, welche Themen (als existenzielle Risiken) in welcher Priorität vom Berater im Kunden- bzw. Beratungsgespräch angesprochen werden sollen bzw. sogar müssen, wenn es eine gute Finanzanalyse bzw. Bedarfsanalyse gewesen sein soll.
Wie wir in den vergangenen Monaten festgestellt haben, ist die Einstellung zu dieser künftigen Standardisierung in der Bankenwelt sehr unterschiedlich aufgenommen worden.
Viele Banken begrüßen diese Regelungen begeistert, bestätigen sie doch nur ihre ohnehin bereits vorhandenen qualitativ guten Beratungsprozesse. Bei anderen Banken stößt die DIN eher auf Ablehnung. Man befürchtet den Verlust jeder Individualität, Gleichmacherei und eine zu große Konzentration auf Versicherungslösungen.
Was dabei leider zu oft übersehen wird, ist, dass alle Bankengruppen, die in Deutschland dem Verbraucher zur Verfügung stehen, ohnehin bereits über Konzepte verfügen, die von der DIN doch bestätigt werden oder zumindest in der Bewertung von Verbraucherschützern nicht völlig „DIN-frei“ sind. Zu nennen sind hier der Finanzcheck der Deutschen Bank, das Finanzkonzept der Sparkassen, der Kundenkompass der Commerzbank oder die genossenschaftliche Beratung der Volks- und Raiffeisenbanken.
Eine Angst, die also völlig unbegründet ist, unter der Voraussetzung, dass diese bankeigenen Beratungslösungen auch stringent und konsequent von den Beratern umgesetzt werden.
Im Rahmen unserer Tests, die wir bereits seit Mitte 2016 im Abgleich mit dem künftigen DIN-Standard durchführen, erleben wir nämlich genau dieses Dilemma. In vielen Gesprächen mit Führungskräften der Bank, die im Test nicht gut abschneiden, erfahren wir leider immer wieder, dass die schlechte Performance nicht an der neuen DIN-Norm und den damit verbundenen Voraussetzungen und Erwartungen liegt, sondern vielmehr daran, dass sich Mitarbeiter nicht an die Vorgaben der Leitung halten und sich beharrlich weigern, die vorgegebenen Tools, Programme oder Beratungsunterlagen zu verwenden.
Die Folge sind dann natürlich grobe Beratungsversäumnisse, kein stringenter bzw. nachvollziehbarer Gesprächsablauf, der dann auch niemals zu echten Abschlüssen und Erträgen führen kann.
Warum die Berater sich oft weigern, ist sicherlich eine Frage, die jede Bank intern klären und auch lösen muss, wenn sie weiterhin rentabel sein möchte.
Doch daß eine DIN-Norm für die Beratung von Privatkunden extrem sinnvoll ist und nicht per se abgelehnt werden sollte, müsste auf der Hand liegen, denn diese Ablehnung ist auch eine Absage an den Verbraucher. So eine qualitative Mindesthygiene sollte doch der Anspruch einer jeden Filialbank bzw. Regionalbank sein, wenn künftig die Beratung das zentrale Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb ist. Gerade auch deshalb, weil die DIN-Regeln die gleichen Themen im Fokus haben und somit lediglich eine Bestätigung sind, die an der ein oder anderen Stelle noch klarer gefasst sind, was eher sogar hilft, die Komplexität zu reduzieren.
Wo wären wir im allgemeinen Verbraucherschutz, wenn man nicht mehr darauf vertrauen kann, dass das Kopierpapier mit den Maßen DIN A4 in meinen handelsüblichen Drucker oder Kopierer passt? Ich vertraue darauf, dass das DIN Siegel auf meinem Feuerlöscher für Qualität und Sicherheit birgt, und zwar ganz gleich, ob ich ihn in Bayern oder in Hamburg gekauft habe.
Was der Bauer nicht kennt…- Dieses alte Sprichwort kennen wir alle. Was man nicht kennt, macht einem oft eher Angst und lässt einen das Schlimmste befürchten. So scheint es bei einigen Banken und Führungskräften beim Thema DIN zu sein.
Wir können nur eindringlich an alle Banken appellieren, sich mit der DIN einmal zu beschäftigen. Sie werden feststellen, dass die DIN im Wesentlichen ihre bereits vorhandenen Prozesse bestätigt und vielleicht nur noch etwas „schärft“. Es besteht kein Grund, die DIN in der Finanzanalyse zu fürchten oder sie gar bereits vor ihrem finalen Erscheinen gänzlich abzulehnen.
Im Gegenteil: Das DIN-Regelwerk vereinfacht die Prozesse in der Beratung und reduziert die Komplexität und bietet klare Empfehlungen für die Lückenberechnung und/oder die Angebotsrechnung. Wir sind davon überzeugt, dass die Berater/-innen und Kunden über diese Entwicklung froh sind, da es an diesen Stellen heute oft an einer klaren Definition fehlt.
Wenn Banken bei der Beratung nicht gut abschneiden, ist das Problem also nicht etwa bei überzogenen Erwartungen zu suchen, sondern es liegt in den meisten Fällen an einer Verweigerung der Vertriebsmitarbeiter, den heutigen, hauseigenen Beratungsprozess sauber mit dem Kunden durchzugehen. Wäre dies gegeben, dann wäre an einigen Tagen schon viel gewonnen!
Für mehr Infos rund um das Thema DIN-Standard bzw. DIN SPEC 77222 (künftig: DIN-Norm 77230):
DIN, DIN NORM, DIN SPEC – Was verbirgt sich hinter diesen Kürzeln?
Interview mit dem stellvertretenden Obmann im DIN-Ausschuss
Die neuen DIN-Regeln für die Finanzberatung kennen und verstehen
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