Im Gespräch mit Kai Fürderer, Mitglied der Geschäftsleitung der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH

Redaktion (RD): Das Jahr 2020 war für alle eine besondere Herausforderung. Wie sind Sie mit der Situation umgegangen bzw. welche Erfahrungen haben Sie in der Zeit gemacht?

Kai Fürderer (KF): Im März 2020 haben wir uns ernsthaft mit der Frage beschäftigt, ob wir für unsere Tester über die Option der Kurzarbeit nachdenken sollen. Wir haben diese Frage intern schnell und sehr klar verneint. Unser Interessent ist im Test weiterhin auf der Suche nach einer neuen Hausbank und wir haben in der geänderten Situation eine große Chance gesehen, um die Omnikanalfähigkeit der Banken zu testen. Heißt konkret, dass wir unser Anliegen weiterhin täglich formuliert haben, um zu sehen, über welche Wege und mit welcher Qualität ein Erstgespräch für unseren Interessenten stattfinden kann.

RD: Wie waren Ihre Erfahrungen ganz konkret?

KF: Wir waren sehr positiv überrascht. Die meisten Banken waren gewillt und auch in der Lage, uns entweder mit einer Online-Beratung oder auch mit einer fernmündlichen Beratung (als reines Telefongespräch) zu beraten. Dabei wurden sowohl die Kontomodelle sehr gut und verständlich vorgestellt als auch eine Bestandsaufnahme durchgeführt, die sehr oft zu sehr konkreten Empfehlungen führte. In vielen Telefongesprächen wurde bspw. mit E-Mails oder mit dem Hinweis auf die Homepage sehr gut improvisiert, wenn es darum ging, dem Kunden etwas zu erläutern bzw. zu visualisieren.

RD: Die Pandemie hat gezeigt, dass viele Branchen oder auch Behörden (inkl. der Schulen) noch weit vom Thema „Digitalisierung“ entfernt sind. Wie war Ihr Eindruck bei den Filial- bzw. Regionalbanken?

KF: Unser Blick auf das Thema „Digitalisierung“ ist sicherlich nicht repräsentativ, da unsere Aufgabenstellung nur einen Bruchteil des Tagesgeschäfts abbildet. Aber was wir sagen können, ist, dass sowohl bei den Online-Terminvereinbarungen als auch mit den sog. „Online-Filialen“ bereits eine deutliche Veränderung zu spüren ist, die sehr eindrucksvoll zeigt, dass sich die Banken um die digitale Unterstützung der Kunden, die weder anrufen noch in eine Filiale kommen wollen/können, gekümmert haben und das Banking auch einfacher macht; gerade in solchen Zeiten.

Ein guter Beleg hierfür sind bspw. auch die zahlreichen ChatBots, wenngleich diese noch deutlich besser getestet bzw. mit Inhalten gefüllt werden müssten. Oft führen einfache Problemstellungen, wie bspw. „Ich interessiere mich für ein Konto“, nicht zum gewünschten Ergebnis oder man wird von der Homepage der Bank auf eine bundesweite Angebotsseite geleitet, die den Weg zurück oft unmöglich macht. Zum Glück gibt es aber auch zahlreiche Erlebnisse, die durchaus Benchmark-Charakter haben.

RD: Wo müssen aus Ihrer Sicht die Banken künftig noch nachlegen, um zukunftsfähig zu sein?
KF: Das klingt jetzt paradox; aber genau in diesen vorgenannten Bereichen. Heute sind diese Entwicklungen bzw. Tools noch nicht durchgängig zu Ende gedacht. Ganz konkretes Beispiel: In vielen Banken kann man bereits einen Termin online und fallabschließend vereinbaren.

Problem ist aber, dass man aus einer Liste von Themen auswählen muss, die dann zu einer Liste von Beraternamen führt. Gerade für Neukunden ist das oft wenig hilfreich und führt auch oft dazu, dass man lediglich zwischen „Filiale“ oder „Telefonisch“ auswählen kann.

Das führte jüngst sowohl dazu, dass wir oft mit Gewerbekundenberatern gesprochen haben, die eigentlich nicht zuständig sind oder auch, dass wir gar nicht gezielt die Online-Berater mit der Option für ein Desktop-Sharing o.ä. auswählen konnten. Diese sind oft gar nicht sichtbar in den Auswahlprozess eingebunden.

RD: Gibt es auch Verschlechterungen in der neuen digitalen Welt?

KF: Ja, zum Beispiel erleben wir fast täglich, dass sich die Erlebniswelt zwischen „Filialen“ und den sog. „Online-Filialen“ deutlich unterscheidet. In diesen Digital-Filialen ist noch zu oft eine Legitimation im Vorfeld eines Kennenlerngesprächs notwendig. Selbst für eine Information zu den Kontomodellen muss sich der Interessent im Vorfeld bei einigen Instituten legitimieren, was ein deutlicher Rückschritt zu den „alten Zeiten“ bedeutet.

In vielen Banken scheint auch die Frage, ob eine solche Interessenten-Beratung telefonisch möglich ist, intern noch nicht klar beantwortet zu sein. Auch wenn es im Online-Terminprozess möglich ist, hören wir täglich in den KundenServiceCentern, dass das nur in den Filialen vor Ort und persönlich möglich ist. Damit ist die Omnikanalfähigkeit noch nicht gegeben bzw. zeigt auch die Defizite in der internen Kommunikation. Wenn der Kunde dann auch darauf antwortet, dass das online aber möglich ist, wird der Kunde (leider) auch häufig auf diesen Weg verwiesen.

Als weiteren Punkt erleben wir aktuell auch eine deutlich rückläufige Termintreue. In ca. 33% der vereinbarten (Telefon-) Termine rufen uns die Berater/-innen mit über 5 Minuten Verspätung an und ca. 10% der Termine finden gar nicht statt. Wenn man dann im Vorfeld keine Durchwahl erhalten hat, können wir als Kunde nicht aktiv werden. Ruft man dann im CallCenter an, werden wir selten durchgestellt, sondern können einen neuen Termin vereinbaren. Das trübt das smarte Erlebnis an manchem Tag sehr.

RD: Werden Sie für das kommende Jahr 2021 den Test an die geänderten Verhältnisse anpassen?

KF: Ja, wir werden unsere Prüfung der erlebten Beratungsqualität um die Bewertung der digitalen Qualität ergänzen. Aus den Erfahrungen im Jahr 2020 heraus können wir sagen, dass es im Vorfeld eines Beratungstermins zu so großen Unterschieden im Erleben kommen kann, dass ein Kunde bereits die Lust verliert bzw. gar nicht in den Genuss einer sehr guten Beratung kommt. Vor dem Hintergrund war es für uns wichtig, diese Online-Erfahrungen (bspw. vom Kontofinder über die Zugangswege bis hin zur Online-Terminvereinbarung) in einem sog. „Digital-Check“ umfassend zu dokumentieren bzw. in die Bewertung mit einfließen zu lassen.

RD: Können Sie uns kurz erläutern, welche Schwerpunkte Sie beim neuen Digital-Check setzen?

KF: Bei dieser Bewertung geht es u.a. um die Benutzerführung und Informationsfülle auf der Homepage zum Thema „Girokonto“, den Umfang und die Usability bzgl. der Kontaktwege, die Anzahl der fallabschließenden Prozesse (von der Terminvereinbarung bis hin zur Kontoeröffnung), die Qualität und die kundenorientierte Verdichtung der Informationen (vom Girokonto bis hin zur Finanzberatung), die Unterstützung durch Rechner und Tools (gibt es u.a. einen Kontofinder?) und nicht zuletzt auch die intuitive Darstellung des Leistungsangebots der Bank. Diese Kategorie ist künftig mit 30% auch die gewichtigste Einzelkategorie auf dem Weg zur „BESTEN BANK vor Ort“.

RD: Die Auszeichnung „BESTE BANK 2021“ hat sich verändert bzw. ein Facelift erhalten. Wie kam es zu dieser Idee bzw. was steckt hinter dem neuen Look?

KF: Uns war es wichtig, dass wir das bisherige Siegel für die Sieger-Banken als Grundlage nutzen, um diese bewährte Auszeichnung weiterzuentwickeln. Mit dem neuen Design tragen wir dem veränderten Testfokus Rechnung, da wir die Auszeichnung moderner gestalten und passend zu dem digitalen Anspruch des Interessenten designen wollten. Das ist uns m.E. sehr gut gelungen.

RD: Vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Informationen zum Bankentest „BESTE BANK vor ORT 2021“ finden Sie auch auf unserer Homepage.

 

Fotoquelle: Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH