Redaktion (RD): Herr Gauder, mittlerweile testen Sie mit Ihren Kollegen die Banken vor Ort im 8ten Jahr nach den Vorgaben des Verbraucherschutzes und schon im 3ten Jahr in dem Format „BESTE BANK vor Ort“ (#BesteBankVorOrt bzw. #BBvO) der Gesellschaft für Qualitätsprüfung. Welche Ideen haben Sie für das Jahr 2019?
Markus Gauder (MG): Wir stehen seit Jahren für Qualität und Kontinuität; das gilt sowohl für unsere Beurteilungskriterien der erlebten Beratungsqualität als auch bspw. für die Banken, die wir vor Ort testen.
RD: Ist das nicht selbstverständlich?
MG: Für uns schon. Aber wir erleben immer mehr Wettbewerber, bei denen sich von Jahr zu Jahr die vor Ort getesteten Kreditinstitute erheblich voneinander unterscheiden und es damit fast schon gewürfelt wirkt. Vor dem Hintergrund kann man kaum glauben, dass die Beurteilung der Beratungsqualität einem belastbaren und nachvollziehbaren Verfahren folgt.
RD: Sie bewerten die Banken im Schwerpunkt bzgl. der Qualität der Bedarfsanalyse – und dies nach dem DIN-Standard. Was heißt das konkret?
MG: Wir stehen seit Jahren für zwei Überzeugungen ein: zum einen „Gute Beratung darf kein Zufall sein!“ und zum anderen „Absicherung vor Altersvorsorge“. Daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. Der DIN-Standard bzw. auch die bevorstehende DIN-Norm sind für uns eher eine Bestätigung unseres Beratungsdrehbuchs, was die inhaltliche bzw. fachliche Grundlage für den Fragebogen war. Darin fordern wir schon seit Jahren, dass eine jede Finanzberatung auf einem soliden Fundament stehen muss – d.h., dass bspw. eine Altersvorsorge- bzw. Riester-Beratung immer einen Hinweis auf existenziellen Lebensrisiken enthalten muss.
Im Idealfall werden die wichtigsten Bedarfe für den Kunden ermittelt und erläutert, damit er sich auf Basis dessen selbst entscheiden kann. Hierfür muss der Kunde aber die Chance gehabt haben, bspw. auf das Risiko der Berufsunfähigkeit aufmerksam gemacht worden zu sein mit dem Hinweis, dass das eine höhere Priorität hat als die Altersvorsorge.
Wir sprechen in dem Zusammenhang immer von tönernen Füßen, die es zu vermeiden gilt, damit langfristige Sparpläne auch mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft bespart werden können – auch wenn eine Krankheit oder ein Unfall den Lebensplan durchkreuzt.
RD: Wenn sich alle Banken nach dem DIN-Standard bzw. an den Vorgaben des Verbraucherschutzes orientieren, wird die Qualität überall gleich sein und macht dann ein Vergleichstest keinen Sinn mehr, oder?
MG: Eben nicht. Das liegt daran, dass bei der DIN-Norm 77230 lediglich die finanzielle Blutbildanalyse standardisiert wird (für die Bedarfsanalyse) – dieses Regelwerk berücksichtigt aber auch immer die persönliche und finanzielle Situation eines Privatkunden, sodass die Ergebnisse immer höchstindividuell sind. Das wird künftig eher eine Selbstverständlichkeit bzw. ein Hygienefaktor sein.
Der Unterschied liegt am Ende (auf Basis dessen) u.a. im emotionalen Erlebnis durch die Person als auch in der anschließenden Beratung. Auch wenn alle VW-Werkstätten für die Inspektion eines PKW die gleiche Checkliste nutzen, würde sich keiner die Frage stellen, ob das „Gleichmacherei“ ist. Oder?
RD: Stimmt – damit ist Qualität objektiv messbar. Aber welchen Mehrwert hat dann noch eine Beratung mit und durch einen Menschen?
MG: Es gibt aktuell ein gutes Buch „Für Herzlichkeit gibt es keine App“ – und genau das ist der Unterschied. Wir können in einem persönlichen Gespräch menschlich und emotional punkten und darüber hinaus dem Kunden die Bedarfe erläutern und mit ihm einen gemeinsamen und individuellen Fahrplan abstimmen, wie die Umsetzung aussehen kann bzw. soll.
Nicht zuletzt durch die aktuelle Finanzbildung und den Wissensstand der Kunden macht es heute und morgen noch viel Sinn, sich mit einem Finanzexperten auszutauschen, um die Bedarfe und die Möglichkeiten besser verstehen zu können. Das kann mit keiner App gelingen – das ist m.E. auch der Grund, dass aktuell wieder mehr Reisebüros eröffnen, da die Auswahl im Internet verwirrend und immer ein bisschen ein Glücksspiel ist.
RD: Vielen Dank für das Gespräch!
Fotoquelle: Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH