Sei es das Stiftung Warentest-Siegel, das DLG-Siegel oder das Fairtrade-Logo: In Deutschland werben viele Unternehmen mit diversen Siegeln auf den Produktverpackungen. Doch was wissen die Kunden eigentlich über die Gütesiegel und ziehen sie diese Produkte anderen wirklich vor? Sind sie bereit, für Produkte mit solchen Siegeln mehr zu bezahlen und wissen sie auch, wer die Siegel nach welchen Kriterien vergibt? Diesen Fragen ist die Dr. Grieger Marktforschung aus Hamburg nachgegangen und hat eine repräsentative Umfrage unter 1.200 Deutschen durchgeführt.
Die Produktvielfalt nimmt immer stärker zu. Gab es in den 70er-Jahren beispielsweise noch die drei Standard-Eissorten Vanille, Schoko und Erdbeere im Tiefkühlregal, können Verbraucher heute im Supermarkt aus Dutzenden Geschmacksrichtungen wählen. Auch die Zahl der Gütesiegel, die auf vielen Produktverpackungen zum Kauf anregen sollen, ist in den letzten Jahren gestiegen. Die Hersteller erhoffen sich davon einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz. Wie gut dieses Kalkül ausgeht und was die Deutschen über Gütesiegel wissen, zeigt eine aktuelle Umfrage der Dr. Grieger Marktforschung unter 1.200 Deutschen, die nach repräsentativen Gesichtspunkten ausgewählt wurden und den Durchschnitt der Bevölkerung abbilden.
Gegenstand der Studie waren sechs Kernfragestellungen zu 37 der bekanntesten Siegel. Die Marktforscher haben untersucht, welche Siegel am bekanntesten sind, welche das größte Vertrauen genießen und welche Bevölkerungsgruppen besonders angesprochen werden. Auch das Wissen der Verbraucher über die Gütesiegel, ihr Vertrauen in die Institutionen und der Einfluss der Siegel auf die Kaufentscheidung sowie die Bereitschaft, höhere Preise zu zahlen, wurden untersucht. Insgesamt wird die Vielzahl der Gütesiegel von der Mehrheit der Verbraucher als verwirrend eingestuft: 55,6 Prozent der Befragten gaben an, aufgrund der vielen Label nicht mehr durchzublicken. Gegenüber der letzten Befragung vor drei Jahren ist der Anteil damit um knapp fünf Prozentpunkte gestiegen.
Mehrheit der Verbraucher findet Produkte mit Gütesiegel besser als ohne
Eine der Kernaussagen der Studie besteht darin, dass das Einkommen und der im eigenen Haushalt lebender Nachwuchs unter 16 Jahren sich stark auf die Wahrnehmung von Gütesiegeln auswirken. Sprich: Wer mit seinem Einkommen zufrieden ist und Kinder hat, informiert sich intensiver als andere Bevölkerungsgruppen und empfindet Gütesiegel häufiger positiv. Auf Altersebene trifft dies vor allem auf Personen zwischen 18 und 40 Jahren zu. Insgesamt stimmen 83 Prozent der Befragten der Aussage mindestens teilweise zu, dass ein Produkt mit Siegel besser ist als eines ohne. Zudem halten 86 Prozent Unternehmen mindestens teilweise für vertrauenswürdiger ein als solche ohne. Besonders hohes Vertrauen schenken die Verbraucher Siegeln von staatlichen Institutionen oder solchen, die nicht auf Gewinne ausgerichtet sind.
Vielfach werden sie von den Kunden jedoch falsch zugeordnet. So halten beispielsweise 23 Prozent der Befragten das DISQ-Gütesiegel für ein staatliches Testinstitut. Doch dahinter verbirgt sich das Deutsche Institut für Servicequalität, das mit seinen Gütesiegeln Geld verdient. Gleiches gilt auch für den Öko-Test-Verlag, der ebenfalls Gewinne mit dem Siegel erzielen will und von jedem vierten Befragten für einen staatlich geförderten Verband, Verein oder für eine Stiftung gehalten wird.
Bei Lebensmitteln achten Verbraucher am stärksten auf Gütesiegel
Wie stark die Gütesiegel die Kaufentscheidung beeinflusst, hängt den Umfrageergebnissen zufolge auch von der Produktart ab. Die größte Rolle spielen sie bei Lebensmitteln, Haushaltselektronik und Produkten aus der Apotheke. Mehr als 60 Prozent der Befragten gaben an, dass Gütesiegel zu solchen Produkten die Kaufentscheidung beeinflussen. Bei Lebensmitteln sind Gütesiegel entscheidend für die Produktbewertung, bei Haushaltselektronik achten die Verbraucher am stärksten auf professionelle Testberichte. Diese spielen auch bei Technik-Produkten sowie bei Banken und Versicherungen die größte Rolle bei der Auswahl. Kundenbewertungen wiederum sind für die Verbraucher vor allem bei Haushaltselektronik, Hotels und Reisen das wichtigste Entscheidungskriterium.
Bei der Servicequalität von Hotels und Technik-Dienstleistungen achten sie hingegen vorwiegend auf professionelle Testberichte. Bei der Bewertung der Servicequalität von Hotels, Gastronomie und Telekommunikationsdiensten orientieren sich die Verbraucher bevorzugt auch an Kundenbewertungen.
Auch weniger bekannte Siegel genießen teils hohes Vertrauen
Bei der Kaufentscheidung spielt auch der Bekanntheitsgrad der Siegel eine Rolle. Allerdings geht damit nicht immer auch hohes Vertrauen in das Gütesiegel einher. Ebenso wenig ließ sich nachweisen, dass die Verbraucher weniger bekannten Gütesiegeln automatisch auch weniger vertrauen. Am bekanntesten ist das Siegel der Stiftung Warentest, auf den Plätzen zwei und drei liegen das Deutsche Bio-Siegel und das Siegel des TÜV Süd. Den geringsten Bekanntheitsgrad haben hingegen das EuroPriSe-Siegel, das KAT-Siegel und das eco-INSTITUT-Siegel. Letzteres genießt mit das größte Vertrauen bei den Befragten, die in der Studie als „Siegelkenner“ bezeichnet werden.
Noch größeres Vertrauen genießen bei dieser Gruppe das Stiftung Warentest-Siegel und das EU-Energielabel mit 73,9 und 71,6 Punkten. Generell lässt sich nachweisen, dass sie einem Siegel umso mehr vertrauen, je sicherer sie sich über die Siegelinhalte sind. Den höchsten Wert erreicht mit 78,5 Prozent das EU-Energielabel, am wenigsten sicher sind sie sich beim QS-Prüfzeichen, das nur 35,9 Prozent inhaltlich zu kennen glauben. Wie gut die Verbraucher diese Inhalte kennen, hängt nicht zwingend von der allgemeinen Bekanntheit des Siegels ab.
Die Umfrage zeigt auch, dass der Anteil derer, die ein Produkt wegen des Siegels kaufen, bei bekannten Siegeln keineswegs automatisch höher ist. Auch lässt das Vertrauen keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Kaufbereitschaft zu. Das zeigt zum Beispiel das UTZ-Siegel: Der Käuferanteil erreicht mit 79,7 Prozent den zweithöchsten Wert, obwohl lediglich 28,3 Prozent der Befragten das Siegel kennen und das Vertrauen mit 58,3 Punkten leicht unter dem Durchschnitt von 63,3 Punkten liegt.
(Kommentar der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH: Da auch weniger bekannte Siegel in kurzer Zeit ein hohes Vertrauen beim Verbraucher aufbauen können, hat uns dazu motiviert im „City Contest“ der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH neue Wege zu gehen und sich mit dem „Beste Bank-Siegel“ konsequent an der Qualität zu orientieren, die hinter dem Vorgehen steckt und deshalb auf die DIN SPEC 77222 zu verweisen, da dies (aktuell) kein anderer Bankentest von sich behaupten kann.)
Positive Eigenschaften der Gütesiegel färben auf Produkte ab
Wie die Studie zeigt, sprechen nicht alle Gütesiegel gleich viele Verbraucher an: Die größte Reichweite hat die Stiftung Warentest – sowohl unter Siegelkennern als auch in der Gesamtbevölkerung. Rund die Hälfte der Siegelkenner und ein Viertel der Bevölkerung reagieren positiv auf dieses Gütesiegel. Doch werden die positiven Eigenschaften immer auch dem jeweiligen Produkt zugeschrieben? Den Ergebnissen zufolge ist das der Fall. So steigt die Annahme, dass ein Produkt frei von Zusatzstoffen ist, beim Bio-Siegel um 24 Prozent. Ist das EU-Energielabel auf dem Produkt abgebildet, steigt die Annahme von Energieeffizienz sogar um 50 Prozent. Mit dem Blauen Engel wiederum verbinden die Befragten vor allem Gesundheitsverträglichkeit, beim Stiftung Warentest-Siegel verdoppelt sich die Erwartung eines guten Preis-Leistungsverhältnisses.
Käufer greifen bevorzugt zu Produkten mit Gütesiegel
Im Schnitt wirken sich Gütesiegel positiv auf die Kaufwahrscheinlichkeit aus, wie Kontrollexperimente der Marktforscher zeigen. Bei Produkten mit Gütesiegel liegt sie um 4,2 Prozent über der Kaufwahrscheinlichkeit für vergleichbare Produkte ohne ein solches Siegel. Bei neun von zwölf Produkten steigt die Kaufwahrscheinlichkeit durch ein Siegel. Auch die Bereitschaft, für das Produkt mehr auszugeben, ließ sich für verschiedene Gütesiegel deutlich nachweisen. 2,3 Prozent würden die Befragten mehr ausgeben, nachdem sie sich mit den Inhalten eines Gütesiegels befasst haben. Für ein Produkt mit EU-Energielabel sind Käufer beispielsweise bereit, im Schnitt 5,30 Euro mehr auszugeben. Für Produkte mit Blauem Engel akzeptieren die Befragten einen Aufpreis von 3,95 Euro, beim Bio-Siegel nehmen sie einen Zuschlag von 1,42 Euro in Kauf. Die Marktforscher konnten zudem nachweisen, dass die Verbraucher insgesamt stärker auf Gütesiegel achten, wenn sie sich über die Vergabekriterien informiert haben. Das gilt besonders für das Fairtrade-Label und das Bio-Siegel.
Stiftung Warentest erreicht Spitzenwerte
Der Bekanntheitsgrad und das Wissen über die Inhalte der Siegel fallen sehr unterschiedlich aus: So kennen beispielsweise neun von zehn Verbrauchern das Deutsche Bio-Siegel, von drei Siegelkennern sagen zwei, dass sie mit den Inhalten vertraut sind. Sehr bekannt ist der Blaue Engel: Vier von fünf Verbrauchern ist das Gütesiegel vertraut, aber nur jeder zweite von ihnen kennt die Siegelinhalte. Insgesamt bewerten 45 Prozent der Befragten dieses Gütesiegel positiv. Zu den bekannten und überdurchschnittlich vertrauenswürdigen Gütesiegeln gehören das Öko-Test-Siegel, das EU-Energielabel, das Fairtrade-Siegel und das GS-Siegel.
Den Spitzenwert erreicht das Stiftung Warentest-Siegel: 96 Prozent der Verbraucher kennen das Label, das Vertrauen erreicht mit 74 von 100 Punkten den höchsten Wert. Knapp 70 Prozent der Verbraucher werden durch das Siegel angesprochen, unter Kennern erreicht der Wert sogar mehr als 70 Prozent. Weitere bekannte und geschätzte Gütesiegel sind das Trusted Shop-Siegel und das TÜV Süd-Siegel. Letzteres kennen neun von zehn Befragten und rund die Hälfte der Verbraucher steht dem Siegel aufgeschlossen gegenüber.
(Kommentar der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH: Diese Spitzenwerte liegen nach unserer Einschätzung an der hohen Glaubwürdigkeit und Kompetenzvermutung von Stiftung Warentest. Genau aus diesem Grunde ist der „City Contest“ der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH künftig ein Vergleichstest auf Basis des „DIN-Regelwerks“, da wir davon ausgehen, dass bei solch spezialisierten Themen bzgl. der Beurteilung der Beratungsqualität in der Finanzberatung ein Siegel mit hoher Kompetenzvermutung und entsprechender Strahlkraft viel bedeutender ist, als ein bekanntes Mediensiegel.)
Weniger bekannte Gütesiegel erreichen sehr unterschiedliche Vertrauenswerte
Weniger als der Hälfte der Befragten sind Label wie das UTZ-Siegel, das QS-Siegel, das Produkt des Jahres-Label und das Service Champions-Siegel ein Begriff. Im Schnitt erreichen diese Siegel unterdurchschnittliche Vertrauenswerte. Die Erreichbarkeit der Verbraucher fällt sehr unterschiedlich aus: Während das UTZ-Siegel beispielsweise 13 Prozent aller Verbraucher und 45 Prozent der Siegelkenner erreicht, sind es beim Service Champions-Siegel 40 Prozent der Siegelkenner, aber lediglich sechs Prozent aller Verbraucher.
Weniger bekannt, aber als überdurchschnittlich vertrauenswürdig gelten wiederum das eco-INSTITUT-Siegel, das GOTS-Siegel und das NATRUE-Siegel. So ist das GOTS-Siegel zwar nicht sehr bekannt, aber knapp 60 Prozent der Siegelkenner reagieren positiv auf das Label. Ein Nischendasein fristet auch das KAT-Siegel, das nur jedem zehnten Verbraucher etwas sagt, aber 60 Prozent der Siegelkenner anspricht.
Noch weniger bekannt ist das EuroPriSe-Siegel, dennoch genießt dieses Label unter Kennern überdurchschnittliches Vertrauen und spricht rund die Hälfte von ihnen an. Im Mittelfeld liegt unter anderem das Pro-Planet-Siegel, das die Hälfte der Verbraucher kennt. Knapp jeder fünfte von ihnen wird durch das Label angesprochen, unter Kennern liegt die Quote bei 40 Prozent. Ebenfalls jeder zweite kennt das HRS-Hotelsiegel, gleiches gilt für das Siegel des Institut Fresenius.
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