Interview mit Kai Fürderer, Beirat der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH, zum Thema „DIN-Standard“ in Bezug auf den Bankentest „Beste Bank vor Ort“ (ehemals: City Contest) in über 400 Städten bundesweit

Redaktion: Herr Fürderer, in Ihrem jüngsten Interview (siehe unten) mit Herrn Gauder haben Sie bestätigt, dass dieser „DIN-Standard“ ein komplexes Regelwerk darstellt. Wie lässt sich dieser in einem bundesweit einheitlichen Testszenario darstellen bzw. wie bilden Sie diese Komplexität in dem Fragebogen ab?

Kai Fürderer (KF): Wichtig ist an der Stelle der Hinweis, dass die künftige DIN-Norm (77230) in der Tat nicht sonderlich trivial ist. Das ist aber dem Umstand geschuldet, dass darin für alle denkbaren Situationen und Kundenfälle ein einheitliches Regelwerk geschaffen wird.
Will sagen, dass in unseren Kundenfällen die Komplexität überschaubar ist. Unsere Testkunden sind ledig, wohnen zur Miete und weisen folgende Finanzsituation auf: Sie haben ein kleines Sparguthaben, eine Hausrat- und Haftpflichtversicherung und einen vollständig besparten bAV-Vertrag. Das war´s!
Wir haben keine besonders riskanten Hobbies o.ä. und haben keine komplexe Familien- bzw. Finanzsituation.

Redaktion: Wie sind die aktuellen Erfahrungen in dem Bankentest der Gesellschaft für Qualitätsprüfung bzgl. der Beratungsqualität in den deutschen Filialbanken?

KF: Aufgrund unseres recht einfachen Testfalls (bzgl. der finanziellen Situation als Ausgangssituation) können und wollen wir bereits heute von den Qualitätsführern unter den Filialbanken eine exzellente Bedarfsanalyse nach dem „DIN-Standard“ erwarten. Das heißt konkret, dass die existenziellen Lebensrisiken erkannt und angesprochen werden, bevor wir über andere langfristige Sparanlagen sprechen. Das heißt bei uns konkret, dass wir auf das Thema „Einkommensabsicherung“ in Form einer Krankentagegeld- und einer Berufsunfähigkeitsversicherung angesprochen bzw. darauf hingewiesen werden (mind. mit Lückenberechnung und visueller Erläuterung des Themenkomplexes und idealerweise mit einem Angebot).
Mit dieser Erwartungshaltung treffen wir immer mehr Filial- und Regionalbanken, die diesem Anspruch bereits heute genügen und sehr gute Beratungsleistungen zeigen. Diese ausgeprägte Beratungsqualität sehen immer mehr Filialbanken als Alleinstellungsmerkmal und als zentrales Differenzierungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Und auch das können wir bestätigen: in unserem heutigen Test sind die Unterschiede der Banken vor Ort größer denn je, da sich doch relativ viele Regionalbanken mit dieser Berechenbarkeit und Stringenz noch schwer tun.

Redaktion: Wie meinen Sie das?

KF: Sowohl in den Sparkassen als auch in den Volks- bzw. Raiffeisenbanken (VR-Banken) ist der Aufbau der Beratungsphilosophie so, dass Absicherungsthemen vor allen anderen besprochen (bzw. beraten) werden müssten. Aber das ist in vielen Häusern noch nicht so operationalisiert, dass dies mit leichter Hand gelingt. Das sollte idealerweise IT-gestützt bzw. zumindest in jedem Fall erfolgen, in dem diese Lücken bestehen – im ersten Schritt unabhängig vom eigentlichen Kundenwunsch. Und genau das ist die Kunst von guter Beratung, dass man sich nicht von einem „unwissenden“ Kunden fehlleiten lässt, der einfach nur schnell eine Auslandskrankenversicherung benötigt.
Das gipfelt in wenigen Instituten in Aussagen „Wir setzen auf die „Genialität“ des einzelnen Beraters und sehen dies als Alleinstellungsmerkmal“. Das ist es auch – aber nach unserer Meinung führt dies nicht zu guten Ergebnissen, da damit kein qualitativer Gleichlauf möglich ist. Wir sollten aus dem „Bug kein Feature“ machen. Das ist meines Erachtens zu kurz gesprungen.

Redaktion: Aber das Know-how des Beraters ist doch weiterhin wichtig, oder?

KF: Unbedingt, aber es kann nicht sein, dass das Leistungsversprechen einer Organisation darin besteht, dass die Beratungsqualität bilateral zwischen Berater und Kunde (unwissend und unausgesprochen) vereinbart wird.
Wir glauben an zentrale und dezentrale Beratungsqualität. Das heißt, dass die Organisation die grundlegenden Voraussetzungen schafft, damit eine hochwertige Bedarfsanalyse möglich ist und mit leichter Hand gelingt (unabhängig von der Komplexität im Hintergrund). Und auf Basis dessen ist der einzelne Berater/-in gefragt, diese Bedarfe mit gutem Fachwissen und Methodenkompetenz dem Kunden näher zu bringen, die Einwandbehandlung durchzuführen und einen gemeinsamen Fahrplan zu erstellen, bei dem der Kunde ein sehr gutes Gefühl hat und keine Kaufreue empfindet, wenn er im Nachgang bspw. bei „GuteFrage.net“ stöbert.

Redaktion: Und das macht künftig eine erfolgreiche Bank aus?

KF: Nein, das alleine reicht natürlich nicht. Wir sehen aktuell leider noch relativ viele Filialbanken, die über wenig Frequenz bzw. wenige Termine in den Kalendern der Berater klagen. Und wenn die beste Qualität auf zu wenige Kunden trifft bzw. diese oft für eine ganzheitliche Finanzanalyse zu alt sind, dann stellt sich damit am Ende auch wirtschaftlich kein Erfolg ein.
Das heißt, wir brauchen „herausragende Qualität“, ein innovatives „Einladungsmanagement“ und überdurchschnittliches Fachwissen in Verbindung mit einer gewissen Abschlussstärke der Berater/-innen – dann lässt sich der Erfolg kaum noch vermeiden und sollte sich auf jeden Fall einstellen!

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch!

Hinweis der Redaktion: Lesen Sie auch den folgenden Beitrag zum Thema „DIN-Standard in der Bankberatung“

 

Fotoquelle: QIDF-Unternehmensgruppe